[Editorial] Im Marketing findet endlich der Wandel statt, den ich schon lange befeuert habe. Immer mehr Unternehmen und Strategen legen den Fokus wieder auf den Markenaufbau. Ein Thema, das ich seit Jahren in meinen Vorträgen mit Nachdruck betone, für das ich im Mentoring mit meinen Kunden aus Überzeugung brenne und über das ich schon im Januar 2024 im SELR-Magazin in meinem Artikel „Jenseits des Klicks: Die wahre Stärke einer Marke wird nicht in Konversionsraten gemessen“ geschrieben habe.
Viele Unternehmen fahren betriebswirtschaftlich ungebremst gegen eine Wand, weil sie blind den angeblichen Weisheiten von PPC-Speakern und den Verkäufern von Agenturen folgen. Diese reden die ganze Zeit von “Marketing”, meinen aber eigentlich nur einen kleinen Teil der Säule Werbung und lassen den Rest der essenziellen Markenführung völlig außen vor.
Endlich erkennen auch die großen Unternehmen die Risiken dieser einseitigen Strategie und beginnen, sich von der Abhängigkeit des reinen Performance-Marketings zu lösen. Dass jetzt sogar Mainstream-Medien wie die WirtschaftsWoche das Thema aufgreifen, zeigt, dass die Debatte über nachhaltigen Markenaufbau an Fahrt aufnimmt und dort diskutiert wird, wo sie längst überfällig ist.
Thomas Koch, in den professionellen Kreisen des Marketing auch bekannt als Mr. Media, bringt es in seiner aktuellen WiWo-Kolumne Werbesprech auf den Punkt: Bettina Fetzer von Mercedes-Benz fordert, dass Marken „vom Verkaufen zum Überzeugen“ zurückkehren. Michael Schuld von MediaMarktSaturn sagt klar, dass es an der Zeit ist, den „Markenmuskel“ zu trainieren, der zuletzt viel zu sehr vernachlässigt wurde. Anne Stilling von Vodafone geht sogar so weit zu warnen, dass Unternehmen Gefahr laufen, sich selbst zu „verzwergen“, wenn sie weiterhin auf Performance-Fokus setzen und den Markenaufbau schleifen lassen.
Stefanie Tannrath, CEO von Universal McCann, hebt hervor, dass Kunden inzwischen verstärkt auf Brand-Equity-KPIs schauen, und Klaus-Peter Schulz von Die Mediaagenturen gesteht ein, dass Mikrotargeting die Erwartungen schlicht nicht erfüllt hat. Der Grund? Performance-Marketing verliert immer mehr an Effizienz, wie auch Dennis Vogt von Deloitte Consulting klarstellt.
Kopfschüttelnd lese ich das und frage mich, was haben all die Verantwortlichen in den letzten Jahren ignoriert und verschlafen?
Viele Unternehmen haben sich jahrelang blind auf schnelle Klicks und kurzfristige Ergebnisse verlassen, ohne zu verstehen, dass echte Markenführung etwas ganz anderes erfordert. Ein Fehler, den auch John Donahoe, Ex-CEO von Nike, gemacht hat, als er die Markenwerbung vernachlässigte.
Ich habe es damals in meinem Artikel schon deutlich gesagt: „Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass reines Performance-Marketing langfristig die besten finanziellen Ergebnisse für ein Unternehmen bringt.“
Dieser extreme Fokus auf Performance-Marketing rührte auch ein Stück weit daher, dass man Investoren und Aufkäufer mit tollen Verkaufszahlen blenden konnte, ohne dass sie verstanden, wie das Spiel wirklich funktioniert. Für jeden Euro Umsatz musste viel Geld – häufig zu viel Geld – mitgebracht werden, doch das wurde dann Dritten gegenüber gerne als „Wachstumsschmerzen“ abgetan.
Viele Investoren, besonders die Family Offices mit ihren digital-fernen Beratern und die Brand-Aggregatoren, warfen mit „dummem Geld“ nur so um sich, ohne das zugrunde liegende Geschäftsmodell wirklich zu durchschauen.
Das Geld fließt mittlerweile in andere, weitaus lukrativere Kanäle. Das Modell des schnellen Weiterreichens von aufgeblähten Unternehmensanteilen gerät ins Stocken, und immer mehr Markenaufkäufer schlittern in die Insolvenz. Die Exit-Strategie, auf die viele gesetzt haben, funktioniert nicht mehr. Die Blase platzt und es wird Zeit, dass Unternehmen sich ernsthaft fragen: „Wie sieht ein wirklich nachhaltiges Geschäftsmodell aus“, wie es der BusinessInsider vor Monaten fast schon humoristisch formulierte.
Die Zeichen stehen klar auf Veränderung: Auch wenn es weiterhin für gewisse Strategien Performance-Werbung geben wird und muss, zeigt eine Umfrage der Dmexco, dass immer mehr Unternehmen die Weichen anders stellen. So planen bereits 32 Prozent der Werbetreibenden, künftig stärker auf Branding zu setzen. Das signalisiert einen deutlichen Wandel hin zu einem nachhaltigen Markenaufbau, der die kurzfristige Fixierung auf Klicks und Conversions in den Schatten stellt.
Jetzt kommt es darauf an, den Fokus richtig zu setzen
Markenaufbau und Markenführung gehen weit über das stupide Analysieren von Klickzahlen hinaus – hier geht es darum, eine emotionale Verbindung mit den Kunden zu schaffen und eine langfristige Loyalität aufzubauen.
Das erfordert ein tiefes Verständnis von Markenwerten, Zielgruppen und den Prinzipien der Markentreue.
Diese Dinge sprengen den Horizont vieler selbsternannter PPC-Gurus, die seit Jahren mit durchaus großer eigener Reichweite und Sichtbarkeit den falschen Weg predigen. Eine echte Markenstrategie umfasst so viel mehr, als nur kurzfristige Konversionsraten.
Und genau hier liegt die Chance für Hersteller, Markeninhaber und Verkäufer, sich auf dem globalen Markt klar von ihren Konkurrenten abzugrenzen.
Der Wettbewerb ist in vielen Marktsegmenten enorm, egal ob durch asiatische Giganten wie Temu, Shein und Alibaba oder andere internationale Player, die sich zunehmend aggressiv positionieren.
Wer glaubt, den reinen Preiskampf oder das Performance-Marketing gegen diese globalen Schwergewichte gewinnen zu können, läuft ins offene Messer. Das ist ein finanziell desaströser Wettkampf, den keiner auf Dauer übersteht.
Der Schlüssel zum langfristigen Erfolg liegt in einem soliden Markenfundament, das Kunden inspiriert, ihnen echten Mehrwert bietet und sie langfristig an die Marke bindet – ein Faktor, den reine Preiswettbewerber oft nicht bedienen können.
Unternehmen, die das jetzt begreifen und handeln, werden die nächsten Jahre überstehen
Es zieht sich wie ein roter Faden durch die digitalen Geschäftsmodelle der letzten dreißig Jahre: Unternehmen gehen pleite, weil sie ihre Kunden permanent viel zu teuer einkaufen. Punkt.
Brand Building hingegen zahlt auf die Marke ein, bindet Kunden, fördert die Wiederkaufrate und schafft echte Werte.
Es geht nicht nur um Klicks und schnelle Ergebnisse – es geht um Markenführung, die über Konversionsraten hinauswächst und auf echtem Vertrauen basiert. Dieser Weg kann nur mit einer klugen, ganzheitlichen Marketingstrategie erfolgreich beschritten werden.
Marketing muss wieder als das behandelt werden, was es wirklich ist: eine seriöse Wissenschaft, die in erster Linie dem beauftragenden Unternehmen nützt und nicht den Agenturen, die allzu oft die Unwissenheit vieler Geschäftsführer und Vorstände ausnutzen, um fachlich oft schwach aufgestellt, den schnellen Reibach machen.
Als Marketingexperte mit jahrzehntelanger Erfahrung freue ich mich sehr, dass nun die Chancen gut stehen, dass die Hektik aus der Szene genommen wird und endlich wieder echte Qualität und Professionalität in den Unternehmen Einzug hält. Die Dampfplauderer, die sich in den letzten Jahren so lautstark zu Wort gemeldet haben, werden sich hoffentlich andere Betätigungsfelder suchen.
Ein entscheidender Schritt in dieser Entwicklung ist, dass die Unternehmen ihre Fachkompetenz wieder stärken, um klar zu erkennen, welche Berater und Agenturen tatsächlich die gleichen Ziele verfolgen – und diese auch erfolgreich umsetzen können.
Die Entwicklung von Traffic-Strategien jenseits der PPC-Falle und der Aufbau von echtem Marketing-Knowhow im eigenen Haus sind Schlüsselfaktoren für Unternehmer.
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Dein Andreas Frank
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