[Editorial] „Du darfst nicht vergleichbar sein!“ – dieser Spruch ist aus der Marketingwelt nicht mehr wegzudenken. Aber ehrlich gesagt: er ist kompletter Bullshit.
Als Händler, Hersteller oder Unternehmer bringt dir das überhaupt nichts. Warum? Weil es nicht die Unvergleichlichkeit ist, die Dich erfolgreich macht, sondern die Fähigkeit, in der Vergleichbarkeit zu glänzen.
Wenn du vorne mitspielen willst, musst du vergleichbar sein und den Vergleich gewinnen. Alles andere ist Augenwischerei.
Natürlich muss dein Produkt vergleichbar sein! Wer das Gegenteil behauptet, hat das Spiel nicht verstanden.
Andreas Frank, eCommerce-Mentor
Die entscheidende Frage lautet: Was passiert, nachdem der Kunde den Vergleich gemacht hat? Genau hier wird es spannend. Es geht nicht darum, ein Produkt zu schaffen, das so „unique“ ist, dass niemand es sucht, versteht oder findet. Dein Ziel ist es, den Vergleich zu führen – und deine Konkurrenz dabei locker abzuhängen.
Vergleichbarkeit bringt Sichtbarkeit – und Sichtbarkeit bringt Umsatz
Vergleichbarkeit ist nicht dein Feind, sondern dein bester Freund. Wenn dein Produkt vergleichbar ist, wird es sichtbar – und das ist die Grundvoraussetzung für Erfolg.
Ob du Koffer, Blumentöpfe, Zahnpasta oder Waschmittel verkaufst, spielt dabei keine Rolle. Deine potenziellen Kunden müssen dein Produkt mit anderen vergleichen können.
Der Grund ist simpel: Produkte, die nicht vergleichbar sind, finden schlichtweg nicht statt.
Es gibt keine Sucheingabe für sie, keinen Maßstab, an dem sie sich orientieren können. Man denkt nicht an sie, weil man sie nicht kennt. Ohne Vergleichbarkeit bist du unsichtbar.
Selbst wenn dein Produkt bahnbrechend neu und innovativ ist, musst du es so positionieren, dass der Kunde es mit etwas vergleichen kann, das er kennt und sucht. Nur so gelangst du in seine Auswahl.
Ein gutes Beispiel: Ein Produkt, das Kindern im Flugzeug besseren Schlaf ermöglicht, indem es die Lücke zwischen Sitz und Vorderlehne schließt. Innovativ, klar. Aber hätte der Hersteller es als „Flugzeugschlaf-Optimierer“ vermarktet, hätte niemand danach gesucht. Stattdessen hat er es clever als „Kinderkoffer“ positioniert – ein existierendes Segment, nach dem Kunden aktiv suchen. So wurde das Produkt sichtbar und konnte sich im Vergleich behaupten.
Auch wir haben diese Lektion gelernt, als wir vor vielen Jahren als erstes in Deutschland Mandala-Notizblöcke angeboten haben. Niemand hatte damals nach so etwas gesucht. Erst durch die clevere Positionierung im Bereich „Mandala-Ausmalbücher“ haben wir das Produkt sichtbar gemacht und den Markt erobert.
Die Alternative ist, dass du mit viel Werbedruck die Bekanntheit deines innovativen und unvergleichbaren Produktes von Null an aufbaust. Natürlich ist das grundsätzlich möglich und wird auch so in der Praxis umgesetzt. Wenn viel Geld da ist. Wenn sehr viel Geld da ist. Für die Mehrzahl der unternehmerischen Geschäftsvorfälle im Onlinehandel sind diese Budgets allerdings nicht vorhanden. Ich wollte die Option nur der Vollständigkeit halber nennen.
Der wahre Feind Deiner Produkte ist die Austauschbarkeit
Der wahre Killer für dein Produkt ist nicht die Vergleichbarkeit – es ist die Austauschbarkeit.
- Austauschbare Produkte verschwinden in der Masse, weil sie nichts Besonderes bieten. Sie sind einfach ersetzbar, und das ist Gift für deinen Erfolg.
- Dein Ziel sollte daher nicht sein, unvergleichlich zu sein, sondern dafür zu sorgen, dass dein Produkt im Vergleich herausragt.
- Du musst dafür sorgen, dass dein Produkt das beste Angebot im Vergleich ist – mit klaren USPs, überzeugender Qualität und einem Preis, der stimmig ist.
Hier kommt der entscheidende Punkt: Wenn Kunden verschiedene Produkte miteinander vergleichen und dein Produkt das beste Angebot ist, dann gewinnst du diesen Sale.
In diesem Moment zahlt sich die Vergleichbarkeit für dich aus, weil du nicht nur gesehen wirst, sondern auch die Kaufentscheidung auf deine Seite ziehst.
Warum dir selbst die Werbung deines Wettbewerbers hilft
Und jetzt kommt ein weiterer spannender Aspekt: Bist Du vergleichbar, zahlt jeder Euro Werbung, die dein Wettbewerber ausgibt, auch auf dein Produkt ein – vorausgesetzt, dein Produkt überzeugt im Vergleich.
Wenn dein Konkurrent viel Geld in Werbung investiert, sei ihm dankbar. Denn er lenkt die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf das Produktsegment, in dem du ebenfalls aktiv bist. Diese Werbung schafft also Sichtbarkeit für die gesamte Kategorie, nicht nur für das Produkt deines Konkurrenten.
Beispielsweise: Ein Wettbewerber verkauft ebenfalls Mähroboter und schaltet eine große Werbekampagne. Dadurch werden viele potenzielle Kunden auf die Idee gebracht, sich neue Rasenmäher anzuschauen. Sie geben entsprechende Suchbegriffe ein oder stöbern auf Marktplätzen wie Amazon. Nun kommt dein Moment: Weil dein Mähroboter in dieser Kategorie ebenfalls erscheint und vielleicht besser bewertet ist, günstiger angeboten wird oder besondere Vorteile bietet, wählen die Kunden dein Produkt. Die Werbung des Konkurrenten hat also die Aufmerksamkeit auf das Segment gelenkt, und du profitierst davon, weil dein Produkt im Vergleich überzeugt.
Entwickle vergleichbare Produkte – aber die besten im Vergleich
Wann immer du ein neues Produkt entwickelst oder in dein Sortiment aufnimmst, frag dich nicht, wie du „unvergleichlich“ wirst.
Frage dich, wie dein Produkt im Vergleich zu anderen besser sein kann.
Dein Produkt muss so gut sein, dass es jeden Vergleich für sich entscheidet. Setze auf Qualität, klare USPs und eine durchdachte Positionierung. So kannst du die Konkurrenz in den Schatten stellen.
Vergiss die Berater und Coaches, die außer kopierten BWL-Kalendersprüchen keinen Plan haben.
Die Wahrheit ist simpel: Vergleichbarkeit bringt Sichtbarkeit – und wer clever ist, gewinnt den Vergleich.
Deshalb: Werde vergleichbar, aber sei nicht austauschbar.
Dein Andreas Frank
Herausgeber SELR eCommerce-Strategie.Magazin
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